Brief von Arthur Rudolph an Egon Schiele
ESDA ID
1501
Nebehay 1979
1427, nicht vollst. transkribiert/not fully transcribed
Bestandsnachweis
Albertina, Wien, Inv. ESA 1018
Datierung
14.03.1918 (eigenhändig)
Material/Technik
Tinte auf Papier
Transkription
Auerswalde, 14.III.18.
Sehr geehrter Herr Schiele!
In einem Hause, in dem ich nur Gast bin, kann ich nicht
gegen Gebräuche dieses Hauses protestieren, ich hätte
dann im vornherein auf den Verkehr in diesem Hause
verzichten müssen. Gleicherweise wird der Hausherr,
der Gäste zu sich lädt, bei voller Höhe des geistig-geselli-
gen Verkehrs seinen Gästen eine Behandlung und Stellung
einräumen müssen, die sowohl der Ehre des Hauses
als auch des Gastes gleicherweise Rechnung
trägt und die denkbarste Höhe der Verantwortung
zeigt. Die Bürger- und Laien-anschauung, daß die
Liebe und der Vorzug eines Künstlers für diese oder
jene seiner Werke auf persönlichen Gründen
und Erwägungen des Künstlers beruhe, wird
von Ihnen mit mir abgelehnt und anerkannt
werden, daß es eine objektive Feststellung gibt,
was wesentlicher und ausschlaggebender ist.
Da Sie der einzige mir bekannte Herr von allen
sind – und ich habe niemals um Protektion
nachgesucht! – und ich Sie für stark
||
unverantwortlich halte, wende ich mich an
Sie mit der Feststellung, daß ich in der Art
und ganzen Festsetzung der Auswahl meiner
Bilder keine objektive sein künstlerische
[...] meiner Person erkennen kann
und daß ich bedauern muß, in einem
Hause Gast zu sein, das nicht ist, was es
sein will.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Arthur Rudolph.
Sehr geehrter Herr Schiele!
In einem Hause, in dem ich nur Gast bin, kann ich nicht
gegen Gebräuche dieses Hauses protestieren, ich hätte
dann im vornherein auf den Verkehr in diesem Hause
verzichten müssen. Gleicherweise wird der Hausherr,
der Gäste zu sich lädt, bei voller Höhe des geistig-geselli-
gen Verkehrs seinen Gästen eine Behandlung und Stellung
einräumen müssen, die sowohl der Ehre des Hauses
als auch des Gastes gleicherweise Rechnung
trägt und die denkbarste Höhe der Verantwortung
zeigt. Die Bürger- und Laien-anschauung, daß die
Liebe und der Vorzug eines Künstlers für diese oder
jene seiner Werke auf persönlichen Gründen
und Erwägungen des Künstlers beruhe, wird
von Ihnen mit mir abgelehnt und anerkannt
werden, daß es eine objektive Feststellung gibt,
was wesentlicher und ausschlaggebender ist.
Da Sie der einzige mir bekannte Herr von allen
sind – und ich habe niemals um Protektion
nachgesucht! – und ich Sie für stark
||
unverantwortlich halte, wende ich mich an
Sie mit der Feststellung, daß ich in der Art
und ganzen Festsetzung der Auswahl meiner
Bilder keine objektive sein künstlerische
[...] meiner Person erkennen kann
und daß ich bedauern muß, in einem
Hause Gast zu sein, das nicht ist, was es
sein will.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Arthur Rudolph.
Anmerkungen
Kuvert: ESDA ID 2611
Eigentümer*in
Autor*in
Empfänger*in
Erwähnte Institution
Verknüpfte Objekte
Ausstellungen
-
XLIX. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs SecessionVereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Wien, 01.03–01.04.1918
PURL: https://www.egonschiele.at/1501