Brief von Egon Schiele an Franz Hauer
Albertina, Wien
ESDA ID
670
Nebehay 1979
569
Bestandsnachweis
Albertina, Wien, Inv. ESA 108 a (Kuvert), 108 b (Brief)
Ort
Sattendorf am Ossiachersee
Datierung
13.08.1913 (eigenhändig)
Material/Technik
Schwarze Tinte auf Papier
Maße
19,1 x 14,7 cm
10,5 x 15,5 cm (Kuvert)
10,5 x 15,5 cm (Kuvert)
Transkription
13. August 1913.
Lieber Herr Hauer! Verzeihen Sie, ich
hätte bald unrecht getan; ich entsinne
mich wie Sie mir geschrieben haben.
Die Briefe zwischen uns habe ich eben nicht
gelesen. Ein Zeichen wie unachtsam ich in
der Beziehung bin, meistens aber tritt
das Gegenteil ein. – Hoffe aber trotz
der zwei 13 im Datum daß Sie in
irgend einer Weise meinen Wunsch so
erfüllen wie ich vorschlug. Eben fällt mir
ein, daß, ich weiß nicht bestimmt, glaube
aber von Ihnen nach Bregenz auch
was bekommen habe wofür Sie
nichts haben; ich werde trachten dies
zu schlichten. – Wenn Sie Kärnten nicht
kennen so möchte ich Ihnen raten hieher zu
kommen; es sind viele Seen, Hochwälder,
dabei aber nicht so drückend eng wie
in Tirol oder der Schweiz. Schöne
Gebirgsketten sieht man, eben weil
dorthin eine weitere Distanz ist.
||
Wohnen kann man gut und billig; der See
hat immer 18–22° also höchst an-
genehm. Wo ich mit meiner Mutter
und Schwester [1] bin, ist ein Bauernhaus
von wo man über den ganzen See
sieht. Gestern entdeckte ich reizende
Blockbauernhäuser und Mühlen die
ich malen werde. [2] Auch sieht man viel
primitive Kunst wenn man sucht.
Die Ausflüge nach dem Faakersee am
Fuße der Karawanken und nach Tarvis
810 m über dem Meer. – Die Farben in
den Häusern sind glühend, weiß ich [weißlich?], die
Sonne ist so stark. Blau neben rot.
Bleiben Sie schon in Wien? – Kommen
Sie auf ein paar Tage her. Der Schnellzug
kostet III. [Klasse] von Wien Südbahnh.[of] 7.35 Früh
an Villach 4.00 nachm.[ittags] 18 K.[ronen] 60 h[eller] man
ißt im Speisewagen. Die Zimmer in den
Gasthöfen sind ganz gewöhnlich mit den
Preisen. Kommen Sie! Auf Wiedersehn.
Herzlichste Grüße
Egon Schiele.
||
Egon Schiele
Sattendorf am Ossiachersee
Kärnten
Tommelebauer.
[Kuvert:]
Herrn Franz Hauer
Wien. XIX.
Silbergasse 40.
Lieber Herr Hauer! Verzeihen Sie, ich
hätte bald unrecht getan; ich entsinne
mich wie Sie mir geschrieben haben.
Die Briefe zwischen uns habe ich eben nicht
gelesen. Ein Zeichen wie unachtsam ich in
der Beziehung bin, meistens aber tritt
das Gegenteil ein. – Hoffe aber trotz
der zwei 13 im Datum daß Sie in
irgend einer Weise meinen Wunsch so
erfüllen wie ich vorschlug. Eben fällt mir
ein, daß, ich weiß nicht bestimmt, glaube
aber von Ihnen nach Bregenz auch
was bekommen habe wofür Sie
nichts haben; ich werde trachten dies
zu schlichten. – Wenn Sie Kärnten nicht
kennen so möchte ich Ihnen raten hieher zu
kommen; es sind viele Seen, Hochwälder,
dabei aber nicht so drückend eng wie
in Tirol oder der Schweiz. Schöne
Gebirgsketten sieht man, eben weil
dorthin eine weitere Distanz ist.
||
Wohnen kann man gut und billig; der See
hat immer 18–22° also höchst an-
genehm. Wo ich mit meiner Mutter
und Schwester [1] bin, ist ein Bauernhaus
von wo man über den ganzen See
sieht. Gestern entdeckte ich reizende
Blockbauernhäuser und Mühlen die
ich malen werde. [2] Auch sieht man viel
primitive Kunst wenn man sucht.
Die Ausflüge nach dem Faakersee am
Fuße der Karawanken und nach Tarvis
810 m über dem Meer. – Die Farben in
den Häusern sind glühend, weiß ich [weißlich?], die
Sonne ist so stark. Blau neben rot.
Bleiben Sie schon in Wien? – Kommen
Sie auf ein paar Tage her. Der Schnellzug
kostet III. [Klasse] von Wien Südbahnh.[of] 7.35 Früh
an Villach 4.00 nachm.[ittags] 18 K.[ronen] 60 h[eller] man
ißt im Speisewagen. Die Zimmer in den
Gasthöfen sind ganz gewöhnlich mit den
Preisen. Kommen Sie! Auf Wiedersehn.
Herzlichste Grüße
Egon Schiele.
||
Egon Schiele
Sattendorf am Ossiachersee
Kärnten
Tommelebauer.
[Kuvert:]
Herrn Franz Hauer
Wien. XIX.
Silbergasse 40.
Anmerkungen
[1] Marie Schiele, geb. Soukup (1862–1935); Gertrude Schiele (1894–1981).
[2] Möglicherweise das Motiv des Gemäldes Sägewerk, 1913, K P271.
[2] Möglicherweise das Motiv des Gemäldes Sägewerk, 1913, K P271.
Provenienz
Max Wagner, Wien
1954: Albertina, Wien (Legat)
1954: Albertina, Wien (Legat)
Eigentümer*in
Autor*in
Empfänger*in
Abbildungsnachweis
Albertina, Wien
Verknüpfte Objekte
PURL: https://www.egonschiele.at/670