Brief von Xaver B. Gmür an Egon Schiele
        Albertina, Wien
                    
        ESDA ID
    
    
        1705
    
        Nebehay 1979
    
    
        1635, nicht transkribiert/not transcribed
    
        Bestandsnachweis
    
    
        Albertina, Wien, Inv. ESA 223
    
        Ort
    
    
        Wien
    
        Datierung
    
    
        14.07.1918 (eigenhändig)
    
        Material/Technik
    
    
        Schwarze Tinte auf Papier
    
        Maße
    
    
        27,7 x 21,8 cm (Blatt)
    
        Transkription
    
    
        XAVER B. GMÜR
XIII Erzbischoffgasse [!] 8
14. Juli 1918
Sehr geehrter Herr Schiele,
Ich muß Sie um Entschuldigung bitten,
daß ich auf Ihren Brief vom 17. Oktober l.[etzten] Jahres nicht geant-
wortet habe. Ich habe die Beantwortung immer hinaus-
gezogen, weil ich erst mit meiner Frau sprechen wollte,
da Sie [!] es war, die anno 1914 auf Veranlaßung des lei-
der jetzt gestorbenen Dr. H. Jung [1] das bewußte Bild [2] von Ihnen
kaufte. Sie hat mich (wenn ich mich recht erinnere
im Jahre 1916) durch Vermittlung meines Schwagers
Herrn Adolf Marx über Dr. H. Jung nach dem Bilde
recherchieren lassen, aber nichts positives erfahren können,
außer der Auskunft, daß das Bild in Brüssel [3] sei &
voraussichtlich durch die dortige deutsche Verwaltung
beigebracht werden könne. Ich begreife nicht, daß Dr.
Jung Ihnen nichts von dieser Recherche mitgeteilt hat.
Vielleicht wäre es für Sie doch nicht so sehr schwierig
gewesen, zu erfahren, wem das Bild gehört.
Ihr Vorschlag ist wohl nicht ganz im Sinne der
Angelegenheit. Zum Zeitpunkt, da Sie das Bild zum
zweiten Mal verkauften, [4] war dasselbe nicht mehr Ihr Ei-
gentum, sondern Eigentum des Käufers von 1914 & der
Erlös des Wiederverkaufes galt also zu Gunsten des Be-
sitzer [!] des Bildes. – Da Sie das Bild unter Vorbehalt
verkauft haben, können Sie es sicher ohne Schwierig-
keiten zurückbekommen & bitte ich Sie, mich nicht
misszuverstehen, wenn ich auf Lieferung des Bildes
bestehe. Wenn es das Produkt irgend eines Künstlers
||
wäre, würde mir vielleicht nicht so viel daran liegen, aber
nachdem es ein „Schiele“ ist, kann ich micht [!] nicht dazu
verstehen, auch in Anbetracht dessen, daß der Malgrund
Sprünge aufweist, mein Eigentum leichthin zu ver-
scherzen. Ich weiß auch beim besten Willen keinen
anderen Ausweg.
Ich bitte Sie, mir mitzuteilen, wann ich
das Bild abholen kann.
Ich empfehle mich Ihnen
Ihr stets ergebener
Gmür
Wohlgeb.[oren]
Herrn Egon Schiele, Kunstmaler
XIII Hietzinger Hauptstraße 107
XIII Erzbischoffgasse [!] 8
14. Juli 1918
Sehr geehrter Herr Schiele,
Ich muß Sie um Entschuldigung bitten,
daß ich auf Ihren Brief vom 17. Oktober l.[etzten] Jahres nicht geant-
wortet habe. Ich habe die Beantwortung immer hinaus-
gezogen, weil ich erst mit meiner Frau sprechen wollte,
da Sie [!] es war, die anno 1914 auf Veranlaßung des lei-
der jetzt gestorbenen Dr. H. Jung [1] das bewußte Bild [2] von Ihnen
kaufte. Sie hat mich (wenn ich mich recht erinnere
im Jahre 1916) durch Vermittlung meines Schwagers
Herrn Adolf Marx über Dr. H. Jung nach dem Bilde
recherchieren lassen, aber nichts positives erfahren können,
außer der Auskunft, daß das Bild in Brüssel [3] sei &
voraussichtlich durch die dortige deutsche Verwaltung
beigebracht werden könne. Ich begreife nicht, daß Dr.
Jung Ihnen nichts von dieser Recherche mitgeteilt hat.
Vielleicht wäre es für Sie doch nicht so sehr schwierig
gewesen, zu erfahren, wem das Bild gehört.
Ihr Vorschlag ist wohl nicht ganz im Sinne der
Angelegenheit. Zum Zeitpunkt, da Sie das Bild zum
zweiten Mal verkauften, [4] war dasselbe nicht mehr Ihr Ei-
gentum, sondern Eigentum des Käufers von 1914 & der
Erlös des Wiederverkaufes galt also zu Gunsten des Be-
sitzer [!] des Bildes. – Da Sie das Bild unter Vorbehalt
verkauft haben, können Sie es sicher ohne Schwierig-
keiten zurückbekommen & bitte ich Sie, mich nicht
misszuverstehen, wenn ich auf Lieferung des Bildes
bestehe. Wenn es das Produkt irgend eines Künstlers
||
wäre, würde mir vielleicht nicht so viel daran liegen, aber
nachdem es ein „Schiele“ ist, kann ich micht [!] nicht dazu
verstehen, auch in Anbetracht dessen, daß der Malgrund
Sprünge aufweist, mein Eigentum leichthin zu ver-
scherzen. Ich weiß auch beim besten Willen keinen
anderen Ausweg.
Ich bitte Sie, mir mitzuteilen, wann ich
das Bild abholen kann.
Ich empfehle mich Ihnen
Ihr stets ergebener
Gmür
Wohlgeb.[oren]
Herrn Egon Schiele, Kunstmaler
XIII Hietzinger Hauptstraße 107
        Anmerkungen
    
    
        [1] Hugo Jung, Neuphilologe (1877–1917).
[2] Welke Sonnenblumen (Herbstsonne II), 1914, K P280.
[3] Das Gemälde war 1914 auf der Ausstellung in Brüssel und kam, des Ersten Weltkrieges halber, erst nach langer Zeit nach Wien zurück. Exposition Générale des Beaux Arts: Salon Triennal, Brüssel, 09.05.–02.11.1914.
[4] Schiele verkaufte das Gemälde in gutem Glauben an Richard Lányi (1884–1942).
[2] Welke Sonnenblumen (Herbstsonne II), 1914, K P280.
[3] Das Gemälde war 1914 auf der Ausstellung in Brüssel und kam, des Ersten Weltkrieges halber, erst nach langer Zeit nach Wien zurück. Exposition Générale des Beaux Arts: Salon Triennal, Brüssel, 09.05.–02.11.1914.
[4] Schiele verkaufte das Gemälde in gutem Glauben an Richard Lányi (1884–1942).
        Eigentümer*in
    
    
        Autor*in
    
    
        Empfänger*in
    
    
        Erwähnte Person
    
    
        Abbildungsnachweis
    
    
        Albertina, Wien
    
Verknüpfte Objekte
Ausstellungen
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                        Exposition Générale des Beaux Arts: Salon TriennalPalais du Cinquantenaire, Brüssel, 09.05.–02.11.1914
            PURL: https://www.egonschiele.at/1705
        
    
     
                                
                             
                                
                             
            