Letter from Leopold Liegler to Egon Schiele
ESDA ID
882
Nebehay 1979
791, nicht vollst. transkribiert/not fully transcribed
Credit line
Courtesy Kallir Research Institute, New York
Date
2nd June 1915 (handwritten)
Material/technique
Black ink on paper
Dimensions
22,6 x 14,7 cm
Transcription
2. VI. 15
Sehr geehrter Herr Schiele!
Beiliegend finden Sie das Versprochene
Manuskript; [1] wenn Sie Änderungsvorschläge
haben, so wollen Sie den leergelassenen
Raum auf jeder Seite links hierzu
benutzen. Mit derselben Post habe ich
ein Exemplar an Dr. Weixlgärtner [2]
geschickt, ich bin neugierig, ob er die
Sache für diskutabel hält. Ich habe
den Aufsatz mit großer Liebe und Freude
geschrieben, ob etwas draus geworden ist,
das kann ich jetzt wenigstens nicht sagen,
denn ich habe alle Distanz dazu ver-
loren. Leider ist die Geschichte groß aus-
gefallen, doch überlassen wir alles
beruhigt der Zukunft, es wird schon irgendwie
||
darüber entschieden werden. Jedenfalls
danke ich Ihnen aufs Herzlichste, daß
Sie meine Arbeit so freundlich unter-
stützt haben, es würde mich freuen, wenn
wir uns nicht nach ein paar Monaten
aus dem Gesichtskreis verlieren müßten,
denn die Zeit die auf uns wartet und
die andere eine Zeit des Friedens nennen
werden, wird die Zeit eines erbitterten
Kampfes sein: des Kampfes zwischen
allem Tiefen und Echten und
dem Verlogenen und Feigen. Sie in
diesem viel heiligeren Krieg auf
meiner Seite zu wissen (Sie und noch
viele andere brave Menschen) das
macht mich glücklich und stolz), vielleicht
sagt Ihnen das auch mein Aufsatz.
Leben Sie herzlich wohl, es grüßt
Sie bestens Ihr treu
ergebener Liegler
||
PS.
Soeben erhalte ich von Herrn Broch, der wie ich
schon erzählte, Sie aufsuchen möchte, die Nach-
richt, daß er kommenden Donnerstag
d.[as] i.[st] 10. Juni nachmittags gegen 4h zu Ihnen
hinauskommen will. Ich werde um diese
Zeit ebenfalls Sie besuchen, da können
Sie mit gleich Ihre Vorschläge bezüglich der
Änderungen in meinem Manuskript mit-
teilen. Den Vornamen von Hauer [4] weiß
ich nicht, bitte ihn an der betreffenden Stelle
einzusetzen!
Wollen Sie aber die Güte haben bestimmt zuhause
zu sein, denn Herr Broch kommt aus
Teesdorf bei Baden; sollten Sie wider Erwarten
nicht Zeit haben, ersuche ich Sie dringendst
mir abzuschreiben.
Nochmals die herzlichsten Grüße
Liegler
Sehr geehrter Herr Schiele!
Beiliegend finden Sie das Versprochene
Manuskript; [1] wenn Sie Änderungsvorschläge
haben, so wollen Sie den leergelassenen
Raum auf jeder Seite links hierzu
benutzen. Mit derselben Post habe ich
ein Exemplar an Dr. Weixlgärtner [2]
geschickt, ich bin neugierig, ob er die
Sache für diskutabel hält. Ich habe
den Aufsatz mit großer Liebe und Freude
geschrieben, ob etwas draus geworden ist,
das kann ich jetzt wenigstens nicht sagen,
denn ich habe alle Distanz dazu ver-
loren. Leider ist die Geschichte groß aus-
gefallen, doch überlassen wir alles
beruhigt der Zukunft, es wird schon irgendwie
||
darüber entschieden werden. Jedenfalls
danke ich Ihnen aufs Herzlichste, daß
Sie meine Arbeit so freundlich unter-
stützt haben, es würde mich freuen, wenn
wir uns nicht nach ein paar Monaten
aus dem Gesichtskreis verlieren müßten,
denn die Zeit die auf uns wartet und
die andere eine Zeit des Friedens nennen
werden, wird die Zeit eines erbitterten
Kampfes sein: des Kampfes zwischen
allem Tiefen und Echten und
dem Verlogenen und Feigen. Sie in
diesem viel heiligeren Krieg auf
meiner Seite zu wissen (Sie und noch
viele andere brave Menschen) das
macht mich glücklich und stolz), vielleicht
sagt Ihnen das auch mein Aufsatz.
Leben Sie herzlich wohl, es grüßt
Sie bestens Ihr treu
ergebener Liegler
||
PS.
Soeben erhalte ich von Herrn Broch, der wie ich
schon erzählte, Sie aufsuchen möchte, die Nach-
richt, daß er kommenden Donnerstag
d.[as] i.[st] 10. Juni nachmittags gegen 4h zu Ihnen
hinauskommen will. Ich werde um diese
Zeit ebenfalls Sie besuchen, da können
Sie mit gleich Ihre Vorschläge bezüglich der
Änderungen in meinem Manuskript mit-
teilen. Den Vornamen von Hauer [4] weiß
ich nicht, bitte ihn an der betreffenden Stelle
einzusetzen!
Wollen Sie aber die Güte haben bestimmt zuhause
zu sein, denn Herr Broch kommt aus
Teesdorf bei Baden; sollten Sie wider Erwarten
nicht Zeit haben, ersuche ich Sie dringendst
mir abzuschreiben.
Nochmals die herzlichsten Grüße
Liegler
Annotations
[1] Für den später erschienenen Aufsatz: Leopold Liegler: „Egon Schiele“, in: Die Graphischen Künste, Jg. 39, 1916, S. 70–80.
[2] Arpad Weixlgärtner, Kunsthistoriker (1872–1961); Gesellschaft für vervielfältigende Kunst.
[3] Hermann Broch, Schriftsteller (1886–1951).
[4] Franz Hauer, Gastwirt (1866–1914).
[2] Arpad Weixlgärtner, Kunsthistoriker (1872–1961); Gesellschaft für vervielfältigende Kunst.
[3] Hermann Broch, Schriftsteller (1886–1951).
[4] Franz Hauer, Gastwirt (1866–1914).
Provenance
Provenienz lt. Nebehay 1979:
[Privatsammlung] P. 36
[Privatsammlung] P. 36
Author
Recipient
Mentioned person
Mentioned institution
Bibliography
-
Liegler 1916Leopold Liegler: „Egon Schiele“, in: Die Graphischen Künste, year 39, 1916, pp. 70–80
PURL: https://www.egonschiele.at/882