2007

698, nicht vollst. transkribiert/not fully transcribed

Kunsthaus Zug, Stiftung Sammlung Kamm

Villach

23rd July 1914 (handwritten)

Black ink on paper

17 x 13,3 cm (page)
17 x 26,6 cm

23. Juli 1914.
Lieber Herr Dr. Jung,

ich schrieb und telegraphierte gestern
an Professor Hoffmann, glaube weil keine
Antwort daß Professor Hoffmann nicht
in Wien oder daß er natürlich dem über-
drüssig wird, – daß ich immer und immer
um Geld schreibe, – was aber bleibt mir
übrig? – Von nirgendwo habe ich
Aussicht auf einen Verkauf, dazu kommt
daß alles gleich erfahrt daß Sie und Professor
Hoffmann sehr viel für mich tun und alle
wollen somit nicht machen. – Wie lange
wird das noch so fort gehn? – Augenblicklich
habe ich nichts mehr an Geld so daß ich auf
Schulden hier im Gasthof essen muß –
ich sende eben jetzt an die 5 neue
Landschaftsstudien von hier, – im Notfalle
||
würde ich diese zum Verkauf hergeben müssen –
müßte aber diese Blätter unbedingt
mir wieder ausborgen wenn ich in
Wien bin weil ich mit denen, die einen
Landschaften machen will. – ich
wollte eigendlich [!] diese Blätter Professor
Hoffmann zur Auswahl schicken, weil
ich ihm 2 von diesen präsentieren wollte,
um meinen Dank ihm auf diese Art zum
Ausdruck zu bringen. – ich wollte es
ginge so. – Im Herbst muß ich unbedingt
etwas bekommen um nicht ewig mit
diesen Miseren zu tun zu haben und
zwar denke ich daran an irgendeine
Kunstschule als Lehrer zu kommen
für dek.[orative] Malerei oder wenn dies nicht
geht vielleicht finden sich einige 4 oder 5
Privatschüler die täglich eine Zeit
mit mir zusammen arbeiten –
||
Vielleicht könnte da Professor Hoffmann
hier auch jemanden wissen – denn
ich weiß daß ich immer mehr und
mehr in den Ruf des Lehrers
komme.
Herzlichste Grüße an Sie
und Ihren Bruder

Egon Schiele

Ident mit ESDA ID 799.

Josef Hoffmann, Wien
Privatbesitz (Nachlass)