Brief von Egon Schiele an Heinrich Benesch
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Albertina, Wien
ESDA ID
911
Nebehay 1979
822, nicht vollst. transkribiert, falsch datiert/not fully transcribed, incorrectly dated
Bestandsnachweis
Albertina, Wien, Inv. ESA 1391
Ort
Villach
Datierung
25.07.1914 (Poststempel)
Material/Technik
Bleistift auf Papier
Maße
24,2 x 15,5 cm (Seite)
9,5 x 14,1 cm (Kuvert)
Transkription
Samstag.
Lieber Herr B., ich glaube, daß es
Ihnen gleichgiltig [!] ist, ob ich mit Tinte
oder Bleistift schreibe. – Ich bitte Sie
Herr B. – weil ich niemanden
Näheren habe, daß Sie am Montag
nachmittags ab 3h in das Atelier
Professors Hoffmann, [1] Stubenring 3 gehen
und, – da natürlich, obwohl ich
ausgerechnet um mehr als die Hälfte wen-
iger als in Wien, hier zum Leben brauche,
endlich mein Geldvorrat zu Ende ist.
Sie wissen, daß ich voriges Jahr einen Goltz
einen Reininghaus und einen Hauer hatte, [2]
wogegen ich heuer nur jetzt, anfangs
des Monats Juli das letzte Bild mit
Wäsche, [3] an Dr. Heinrich Böhler um
500 K[ronen] verkauft habe, wovon ich meine
allerdringendsten Abzahlungen von
300 K machte, das Übrige brauchte ich
noch in Wien und rund 120 K nahm ich
mit. – In der Zeit was ich hier bin
||
erhielt ich noch 40 K von Prof. Hoffmann;
– diese sind nun fast vollkommen
aus d. h. [das heißt] ich kam eine volle Woche
damit aus. – Nun, – ich sandte
an das Atelier Hoffmann unlängst
drei neue Figurenzeichnungen und
5 neue Landschaftszeichnungen, mit
denen ich vor hatte, 2 davon Hoffm.
als Dankbeweis für seine Annahmen
zu präsentieren. – Ich schrieb an
die Herrn Dr. Jung [4] ob von den neuen
Blättern 3 verkauft werden könnten,
telegraphierte auch und da ich bis
jetzt keine Antwort erhielt, ich
glaube, daß niemand weder Hoffm.
noch Jung in Wien sind, – dagegen
aber mit Sicherheit denke daß
irgendjemand im Atelier sein
muß. – ich schrieb daß ich mich
||
mit dem Gedanken befasse, als
Leiter für dek.[orative] Malerei an eine
Kunstschule zu kommen, – oder
selbst 4 oder 5 Schüler bekommen
könnte, nachdem es mich moralisch
kränkt endlich als Fechter bezeichnet
zu werden und ich absolut nicht,
halbwegs zu dem gelangen
kann wohin es mich drängt,
weil ich immer und immer meine
neuesten Arbeiten, Studien die
eigentlich nur für mich bestimmt
sind um Werke entstehen zu lassen,
undurchgeistigt kurz im Entstehungs-
zustand weggeben muß um
leben zu können. – ich habe ganz
entschieden die Absicht, – wenn sich
hier nicht was Besonders für mich
bietet – ich im Winter dauernd
||
nach Deutschland zu gehen, wo doch
weit mehr Kunstanstalten [sind] und
überhaupt mehr Gelegenheit
wäre um sich entwickeln zu können.
– Das letzte Jahr gab mir Beweis
genug, wie man sich im allgemeinen
zu mir verhält, und, da ich es für
dringlich finde mir entgegen zu kommen
d. h. sich um den Künstler zu kümmern,
was natürlich der „veredelte“ Mensch
tun wird und nicht ich ewig rufen
soll „erhaltet, fördert“ mich, – so
will ich Vorbereitungen treffen um
mich vorerst auf irgendeine Art
und sei es, daß ich mich irgendwo
verbergen soll und das primitivste
Leben zu beginnen. –
Wenn Sie Herr B. am Montag für
4 Zeichnungen, 80 K, so viel ich benötige
von Hoffm. oder Jung erhalten, so haben

[…]


[Kuvert:]
Herrn Heinrich Benesch
Wien XII.
im Postgebäude Altmannsdorf
(Altmannsdorferstr.[aße] 72)
||
Egon Schiele z .z. [zurzeit] Villach
Hotel gold.[enes] Lamm
T.[ür] 40.
Anmerkungen
[1] Josef Hoffmann (1870–1956).
[2] Hans Goltz, Kunsthändler (1873–1927); Carl Reininghaus, Industrieller (1857–1929); Franz Hauer, Gastwirt (1866–1914).
[3] Häuser mit Wäsche (Vorstadt II), 1914, K P283. – Lt. Nebehay 1979 fälschlich, da der Brief falsch datiert wurde: Hauswand am Fluss (Altes Haus I), 1915, K P294.
[4] Hugo Jung, Neuphilologe (1877–1917); Hubert Jung, Architekt (1883–1971). – Siehe ESDA ID 2007.
Provenienz
Sammlung E. W. Kornfeld, Bern
2009: Albertina, Wien (Schenkung)

Provenienz lt. Nebehay 1979:
Verbleib unbekannt
Erfasst in
Abschrift: Albertina, Wien, ESA 618 1-3
Eigentümer*in
Empfänger*in
Abbildungsnachweis
Albertina, Wien

Verknüpfte Objekte

PURL: https://www.egonschiele.at/911