Maschinenschriftlicher Brief vom Kunstverein für Böhmen in Prag/Künstlerhaus Rudolphinum an Egon Schiele
Albertina, Wien
ESDA ID
1619
Nebehay 1979
1548, nicht transkribiert/not transcribed
Bestandsnachweis
Albertina, Wien, Inv. ESA 227
Ort
Prag
Datierung
14.05.1918 (eigenhändig)
Material/Technik
Schreibmaschine auf Papier
Maße
29,3 x 23 cm (Blatt)
Transkription
Prag, 14. Mai 1918
Sehr geehrter Herr!
Im Besitze Ihres geehrten Schreibens vom
11. d. [dieses Monats], können wir nur wiederholen, dass wir sehr gerne eine Ausstel-
lung Ihrer künstlerischen Gruppe mit unserem Namen als Veranstalter
decken, eben deshalb aber auch die oberste Entscheidung über die
Zusammenstellung dieser Ausstellung nicht aus der Hand geben. Der
Kunstverein hat, bzw. wird im Jahr 1918 die folgenden Sonderausstellun-
gen genau in derselben selbstständigen Weise, wie wir es Ihnen vorge-
schlagen, veranstalten: Michalek – Wien; Hugo Steiner – Leipzig,
Walter Klemm – Weimar, Teschner – Wien, Josef Hegenbarth – Prag,
Emil Orlik – Berlin, Willy Nowak – Prag, Hermine Ginzkey – Wien,
Powolny – Wien, Moritz Melzer – Berlin u.s.f. Diese Ausstellungen haben,
soweit sie bereits absolviert sind, künstlerisch, wie materiell gut ab-
geschnitten und wir hätten dasselbe auch von Ihrer Ausstellung erwarten
können.
Nach unserem letzten Schreiben hätten wir erwar-
tet, dass Sie uns ungefähr 200 Arbeiten einschicken, die zum allergröss-
ten Teil auch ausgestellt worden wären. Die Rücksicht auf unsere Platz-
verhältnisse, auf vorhandene Rahmen und auf den eben von uns gewünschten
||
Charakter der Ausstellung legt uns aber die Pflicht auf, innerhalb
dieser Anzahl doch noch mit 2–3 % zurücklassbarem Ueberschuss zu
rechnen. Dass wir in erster Reihe wünschen, die Künstler selbst zufrie-
den zu stellen, ist selbstverständlich und wir haben auch Ihren freund-
lichen Rat nicht nur formell, sondern mit aufrichtigen [!] Dank angenommen.
Grundsätzlich lässt sich aber der Kunstverein, der auf
Erfolge und Anerkennung in jeder Form zurückblicken kann, Vorschriften
über das endgiltige [!] Aussehen der Ausstellung nicht machen, wobei jedoch
nochmals betont sei, dass hauptsächlich die Rücksicht auf die Raum- und Rahmenver-
hältnisse ihn zum Festhalten an diesen Grundsätzen bestimmen.
Wir wiederholen also unser, in unserem letzten
Schreiben gemachtes Anerbieten, etwa 200 Ihrer graphischen Arbeiten
und Zeichnungen in unserem Rahmen zur Ausstellung zu bringen und la-
den sie ein, uns beim Arrangement der Ausstellung Ihre Wünsche bekannt-
zugeben und Ihren Rat zu erteilen. Ein Kompetenzkonflikt darf jedoch
hiebei nicht entstehen. Ist es Ihnen möglich, unter diesen, so vie-
len Künstlern von Ruf genehmen Bedingungen, bei uns auszustellen, so
würden wir mit Bedauern auf die Ausstellung verzichten.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
für den
Kunstverein in Böhmen
Prag.
der Sekretär:
August [xxx]
Hochwohlgeboren
Herrn Egon Schiele,
Wien – XIII
Hietzinger Hauptstr.[aße] 101
Sehr geehrter Herr!
Im Besitze Ihres geehrten Schreibens vom
11. d. [dieses Monats], können wir nur wiederholen, dass wir sehr gerne eine Ausstel-
lung Ihrer künstlerischen Gruppe mit unserem Namen als Veranstalter
decken, eben deshalb aber auch die oberste Entscheidung über die
Zusammenstellung dieser Ausstellung nicht aus der Hand geben. Der
Kunstverein hat, bzw. wird im Jahr 1918 die folgenden Sonderausstellun-
gen genau in derselben selbstständigen Weise, wie wir es Ihnen vorge-
schlagen, veranstalten: Michalek – Wien; Hugo Steiner – Leipzig,
Walter Klemm – Weimar, Teschner – Wien, Josef Hegenbarth – Prag,
Emil Orlik – Berlin, Willy Nowak – Prag, Hermine Ginzkey – Wien,
Powolny – Wien, Moritz Melzer – Berlin u.s.f. Diese Ausstellungen haben,
soweit sie bereits absolviert sind, künstlerisch, wie materiell gut ab-
geschnitten und wir hätten dasselbe auch von Ihrer Ausstellung erwarten
können.
Nach unserem letzten Schreiben hätten wir erwar-
tet, dass Sie uns ungefähr 200 Arbeiten einschicken, die zum allergröss-
ten Teil auch ausgestellt worden wären. Die Rücksicht auf unsere Platz-
verhältnisse, auf vorhandene Rahmen und auf den eben von uns gewünschten
||
Charakter der Ausstellung legt uns aber die Pflicht auf, innerhalb
dieser Anzahl doch noch mit 2–3 % zurücklassbarem Ueberschuss zu
rechnen. Dass wir in erster Reihe wünschen, die Künstler selbst zufrie-
den zu stellen, ist selbstverständlich und wir haben auch Ihren freund-
lichen Rat nicht nur formell, sondern mit aufrichtigen [!] Dank angenommen.
Grundsätzlich lässt sich aber der Kunstverein, der auf
Erfolge und Anerkennung in jeder Form zurückblicken kann, Vorschriften
über das endgiltige [!] Aussehen der Ausstellung nicht machen, wobei jedoch
nochmals betont sei, dass hauptsächlich die Rücksicht auf die Raum- und Rahmenver-
hältnisse ihn zum Festhalten an diesen Grundsätzen bestimmen.
Wir wiederholen also unser, in unserem letzten
Schreiben gemachtes Anerbieten, etwa 200 Ihrer graphischen Arbeiten
und Zeichnungen in unserem Rahmen zur Ausstellung zu bringen und la-
den sie ein, uns beim Arrangement der Ausstellung Ihre Wünsche bekannt-
zugeben und Ihren Rat zu erteilen. Ein Kompetenzkonflikt darf jedoch
hiebei nicht entstehen. Ist es Ihnen möglich, unter diesen, so vie-
len Künstlern von Ruf genehmen Bedingungen, bei uns auszustellen, so
würden wir mit Bedauern auf die Ausstellung verzichten.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
für den
Kunstverein in Böhmen
Prag.
der Sekretär:
August [xxx]
Hochwohlgeboren
Herrn Egon Schiele,
Wien – XIII
Hietzinger Hauptstr.[aße] 101
Eigentümer*in
Autor*in
Empfänger*in
Abbildungsnachweis
Albertina, Wien
PURL: https://www.egonschiele.at/1619