Brief von Edith Schiele an Egon Schiele
Brief von Edith Schiele an Egon Schiele Bild 1
Brief von Edith Schiele an Egon Schiele Bild 2
Brief von Edith Schiele an Egon Schiele Bild 3
ESDA ID
1220
Nebehay 1979
1137, nicht vollst. transkribiert/not fully transcribed
Bestandsnachweis
Albertina, Wien, Inv. ESA 1042
Datierung
nach dem 17.11.1916 (inhaltlich)
Material/Technik
Tinte auf Papier
Transkription
Donnerstag 12h Mittags
16. Nov.[ember] 1916

Mein lieber lieber Eg.
Wir waren gerade beim ver-
packen u. verladen der Bilder
als Dein Brief kam, Arnot [1] soll
jetzt machen was er will,
Lederer’s [2] sind nicht in Wien
Frau Hellmann [3] habe ich zwei
Tage telef.[onisch] nicht erreichen
können, endlich heute hab ich
sie getroffen, sie wird mit nachmittags
Bescheid sagen, – Den [!] Rahmen
den Du weiß angestrichen hast
ist bis heute noch waschelnaß
ich habe die Farbe runter gewischt
sonst wäre er ja nicht zu trans-
||
portieren gegangen, Arnot soll
ihn dann dort frisch anstrei-
chen, der goldige Rahmen
ist schön geworden, auch der
weiße für den Akt, nur sind
beide halt noch zu neu und
frisch, greifen sich daher
furchtbar leicht ab. Bei
Scholz [4] war ich persönlich, er
hat die Kiste bis jetzt noch nicht
geholt weil angeblich Zoll von
20 bis 30 Kr.[onen] drauf ist, ich habe
ihm dringend aufgetragen
sie holen zu lassen und gleich
zu Arnot zu schicken.
Heute nachmittag rufe ich Arnot
||
telefonisch an, ob alles in Ordnung
ist! – Ich bin froh daß das alles
vorüber ist, – ich habe mich sehr
abgehetzt und geplagt, – nicht wie
Du glaubst auf der faulen Haut
gelegen und mich füttern lassen.
Komme um Gottes Willen nur bald
zu mir, ich sehne mich schon sehr
nach Dir, – unwoll [!] bin ich noch
immer nicht, – wir werden doch nichts
angestellt haben?!
Heute schreibe ich auch an
Frau Aigner.
Rößler [5] ist in Bruck macht
die Frontausbildung dort mit,
geht sehr bald ins Feld ab, hat
||
mir heute Fischer, [6] während er mir
die Leinwand, den Akt, gespannt
hat, erzählt; – er hat es tadel-
los gespannt – Gott sei Dank.
Bitte lieber Eg schrieb mir gleich
wieder, hoffentlich bist du in den
nächsten Tagen bei mir.
Viele herzliche Bussi Deine Did.

P.S.
Lordi [7] sucht Dich überall, wenn
ich frage, wo ist denn das Herrl,
fängt er an zu winseln, er
sehnt sich halt auch nach Dir.
Viele liebe Buss.
Anmerkungen
[1] Guido Arnot, Kunsthändler (1876–1946); Galerie Arnot, Wien.
[2] August Lederer, Industrieller (1857–1936) und dessen Frau Serena Lederer, geb. Pulitzer (1867–1943).
[3] Daisy Hellmann, geb. Steiner (1890–1977).
[4] Emil Scholz, Spediteur.
[5] Arthur Roessler, Schriftsteller (1877–1955).
[6] Johannes Fischer (1888–1955).
[7] Hund von Edith und Egon Schiele.
Provenienz
Max Wagner, Wien
1954: Albertina, Wien (Legat)
Eigentümer*in
Empfänger*in
PURL: https://www.egonschiele.at/1220